The Skeireins Commentary by Christian T. Petersen (previously selected passages only)
(mere translation in bold typeface)

Okkasionell werden exemplarisch zwei Übersetzungen zum Vergleich herangezogen,
die ihrerseits ein halbes Jahrhundert auseinanderliegen (siehe Bibliographie):
Gustav Ernst Dietrich (1903) und William Holmes Bennett (1960)

Über die ganz natürliche Antiquiertheit seiner Sprache hinaus,
vernebelt Dietrich die Aussage tendenziell durch übermäßig artifizielle Wortwahl und umständlichen Satzbau.
Daher soll hier eine leicht verständliche Sprache benutzt werden, ohne die theologische Botschaft im Grundsatz zu verfälschen.

Beispiel: IV c/d

      jah þo weitwodida is ni ainshun nimiþ: Jah þauhjabai us himina ana airþai in manne garehsnais qam:
(BENNETT: and no man receives His testimony. And even though He came from heaven to earth for the plan concerning men)
DIETRICH: und sein Zeugnis nimmt niemand an. Und wenn er auch vom Himmel auf die Erde kam nach dem (Erlösungs)plan für die Menschen
PETERSEN: und keiner glaubt ihm. Auch wenn er wegen der Bestimmung der Menschen  aus dem Himmel auf die Welt gekommen war

Ähnlich unterschiedlich sind übrigens die lateinischen Übertragungen:
Maßmanns schwerfällige Übersetzung resultiert offenbar aus dem Bestreben, verbatim zu retrovertieren:

Beispiel: VII d

            jah anþarans gamaudida gaumjan þatei is was sa sama saei in auþidai ·m· jere attans ize fodida
wörtlich:  und er erinnerte die anderen zu gaumen, daß er derselbe war, der  in der (Ein)öde40  Jahre ihre Väter fütterte
MAßMANN: et ceteros monuit animadvertere, quod ipse erat idem ille, qui in eremo XL (per) annos patres eorum nutriverat
BERNHARDT: et alios commonefecit intellegere se esse eundem         qui in deserto XL annis patres eorum nutrivit
PETERSEN: reliquosque admonuit respicere       ut idem esset          qui in solitudine nutriverat eorum patres per annos XL
 und er mahnte die übrigen zu berücksichtigen, daß er ja derselbe sei, der in der Wüste 40 Jahre lang ihre Vorfahren speiste

Im folgenden ist die eigene Übersetzung  von den vergleichenden Erläuterungen durch fette Schrift abgesetzt.
In Blau erscheint eine zeitgemäße Bibelübersetzung, die über den modernen Stil der Guten Nachricht hinausgeht.
Gotische Zitate erscheinen in Grau,
Vulgata zum Vergleich in Violett.



iuxta Epistula ad Romanos :        non est intelligens non est requirens Deum
Ia 1-2:                                                  *Nist saei fraþjai aiþþau sokjai guþ:
nonest / nist ergänzt nach Röm 3,11; dies wiederum übernommen aus Psalm 14,2b = 53,3b (Vulgata-Zählung 13,2b = 52,3b)
Meine Übersetzung resultiert aus der Transitivität von 'syn-iénai' und "s_kh_l" :
[Es gibt niemanden,] der Gott verstünde oder [sc. um Rat er]suchte.
Man beachte im übrigen die unterschiedliche Eindeutigkeit der Verbvalenzen bei DIETRICH:
                                                      ..., welcher verständig sei oder Gott suche
und BENNETT:     There is none         who understands or seeks God.
Psalm 14,3a = 53,4a            All have turned aside;                together they have become useless
KOCK / DIETRICH:    Alle sind (sie) abgewichen, sämtlich/zusammen sind sie         unbrauchbar geworden
Vg 13,3a = 52,4a                    omnes declinaverunt                   simul                                  inutiles         facti sunt
                                     allai               uswandidedun :    samana                                unbrukjai     waurþun
                             Alle haben sich abgewandt;        samt und sonders    sind sie        wertlos geworden
        = Ausnahmslos alle haben den rechten Weg verlassen und sind zu Schädlingen mutiert (e:chreó:the:san)
Daraufhin sind sie vom Todesurteil betroffen. Deshalb kam der Retter für alle gemeinsam, um die Sünden aller [sc. Menschen] zu beseitigen - [sc. er war] weder gleich noch ähnlich unserem Rechtsempfinden, sondern die Rechtschaffenheit persönlich.                                                              ak silba garaihtei wisands
Man vergleiche hier hinsichtlich des Bezugs von silba und der zeitlichen Einordnung des Partizips wisands
DIETRICH: sondern [er ist] die Gerechtigkeit selbst
mit KOCK: sondern selbst die Gerechtigkeit [war]
Indem er sich für unsereins darbot alseine Opfergabe und ein Schlachtopfer für Gott (= völlig aufopferte),
      et tradidit se ipsum pro nobis         oblationem   et                hostiam     Deo                    in odorem suavitatis
bewerkstelligte er die Erlösung dieser Menschheit.
Als Johannes dann [sc. ein]sah, daß der [sc. göttliche Heils-]Plan
      zu garehsns:     MAßMANN: propositum         BERNHARDT: consilium     PETERSEN: destinationem
Ib vom Herrn verwirklicht zu werden hatte, sagte er(miþ sunjai = mit Wahrheit = als Lógos =) in Gottes Auftrag:
"Seht dort das [Opfer-]Lamm Gottes, das die Schuld dieser ganzen Welt auf sich nimmt ..."
     ecce                            agnus Dei        qui             tollit peccatum mundi

mahtedi sweþauh jah inu mans leik. waldufnja þataine gudiskamma. galausjan allans us diabulaus anamahtai:
Vermocht jedenfalls hätte er [sc. es] auch ohne mensch[liche] Hülle - einzig und allein mit göttlicher Kraft -
alle von der Hybris des Satans zu erlösen.
zu sweþauh: DIETRICH: zwar    KOCK: allerdings    MAßMANN/BERNHARDT: quidem et(iam)    MARCHAND/MOSSÉ: to be sure / certes
                     BENNETT: though    PETERSEN: verumtamen / nonetheless / toutefois / gleichwohl, jedenfalls  (wtl.: so doch auch)

akei was kunnands þatei swaleikamma waldufnja mahtais seinaizos nauþs ustaiknida wesi:
Aber er war sich bewußt, daß durch derartige Gewalt  die Unvermeidlichkeit seiner Macht manifestiert wäre
Cf. BENNETT: He was nevertheless aware that by such authority the force of his power would be shown.
Bei DIETRICH fehlt (in Anlehnung an STREITBERG) nicht nur die Kopula was im gotischen Text, sondern er bezieht das Genitivattribut mahtais seinaizos auf das voranstehende waldufnja statt auf nauþs:
... jedoch mit dem Bewusstsein, dass durch solche Gewalt der Macht  die Notwendigkeit zum Ausdruck gekommen ... wäre ...

Auch wäre der Plan der Gerechtigkeit nicht weiter beachtet worden (fastaida)
DIETRICH: beobachtet    KOCK: festgehalten    BERNHARDT: servaretur    MAßMANN: dilatavit    PETERSEN: beachtet / observatur
sondern daß er das Heil der Menschen erzwungen hätte.
Denn wenn nun der Teufel von Anfang an den Menschen nicht gezwungen,
Ic sondern verführt und durch Lüge verlockt [ga(·)atjandin], das Gebot zu übertreten:
DIETRICH: bedroht    KOCK: angereizt    BERNHARDT: incitante    MAßMANN: illexisset    PETERSEN: verlockt / pellexisset

Þatuh wesi wiþra þata gadob: ei  frauja qimands mahtai gudiskai:
jah waldufnja þana galausidedi: Jah nauþai du gagudein gawandidedi:
 Und das wäre wider den Anstand gewesen, wenn der Herr - kommend mit göttlicher Macht -
 den [sc. Menschen] sowohl mit Gewalt erlöst  als auch durch Nötigung zur Gottesfürchtigkeit gewendet hätte.
Man beachte die (auch von meiner Übersetzung) abweichenden Auffassungen von DIETRICH:
- dies wäre gegen die Ordnung gewesen, wenn der Herr, kommend mit göttlicher Macht und Gewalt,
ihn mit Notwendigkeit erlöst und zur Frömmigkeit bekehrt hätte.
und BENNETT:
That would have been against propriety, if the Lord, coming in divine power,
had both freed him by authority and had converted him to godliness by force.

11-16: nei auk þuhtedi þau in garaihteins gaaggwein ufargaggan þo faura ju us anastodeinai garaidon garehsn
 Denn hätte es nicht den Anschein, als übertrete er im Engpaß der Gerechtigkeit
 die vorher - schon von Anbeginn - angeordnete Bestimmung ?
Insbesondere zur Übersetzung von ga-raiþs (= dia-tetagménos bzw. con-stitutus nach Lk 3,13)
cf. DIETRICH:
 Oder hätte es etwa nicht geschienen, als übertrete er unter Einschränkung der Gerechtigkeit
 den zuvor schon von Anbeginn an geordneten Plan?
und BENNETT:
 For then would he not have seemed in the enforcement of righteousness to violate
 the plan already preordained from the beginning?

Id ...



IIa
3,3 respondit Iesus et dixit ei amen amen dico tibi
3,3 Jesus antwortete: "Mit allem Nachdruck versichere ich dir:
                                                                                              nisi quis natus fuerit denuo non potest videre regnum Dei
                                 Nur wer von oben her geboren wird, kann das Himmelreich zu sehen bekommen."

II5-7: þammuh þan ni froþ nekaudemus:
        Dies jedoch verstand Nikodemus nicht.

   11-17 (  = 25-c7, leicht variiert):
(·)aiwa mahts ist manna alþeis wisands gabairan:
ibai mag in wamba aiþeins seinaizos aftra galeiþan jah gabairaidau:
3,4 dicit ad eum Nicodemus quomodo potest homo nasci cum senex sit
3,4 "Wie kann [denn nur] ein Mensch geboren werden, der schon ein Greis ist?" fragte Nikodemus.
                                                                   numquid potest in ventrem matris suae iterato introire et nasci
     "Er kann doch nicht noch einmal in den Mutterleib zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!"    =
"Inwiefern besteht die Möglichkeit, daß ein alt[seiend]er Mensch geboren wird; ob er wohl in den Schoß seiner Mutter zurückzukehren vermag und geboren [werden] wird?"
(beachtenswert sind im ersten Teil der NcI und die passivische Bedeutung des Infinitivs, im zweiten Halbsatz der Wechsel von infiniter Form (in Abhängigkeit zum Präteritopräsens *magan) und finitem Optativ;
cf. hierzu die Übersetzungen von DIETRICH:
"Wie ist es möglich, daß ein Mensch, der alt ist, geboren wird;
kann er etwa in den Leib seiner Mutter wieder eingehen und [wieder] geboren werden?"
und BENNETT:
"How is it possible for a man to be born when he is old?
Can he go a second time into his mother's womb and be born?"

IIc
3,4 dicit ad eum Nicodemus quomodo potest homo nasci cum senex sit
3,4 "Wie kann [sc. denn nur] ein Mensch geboren werden, der schon ein Greis ist?" fragte Nikodemus.
                                                                                      numquid potest in ventrem matris suae iterato introire et nasci
     "Er kann doch nicht noch einmal in den Mutterleib zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!"
8-12:
 Iþ nasjands þana anawairþan dom is gasai(·)ands.
 jah þatei in galaubeinai þeihan habaida:
 Gaskeirjands imma swe miþþan unkunnandin qiþands:
(finit:) Doch der Erlöser sah dessen künftige Bestimmung
und daß er im Glauben [sc. eine Möglichkeit] zu wachsen hatte;
(denn habaida ist Indikativ. Man beachte die Konstruktion apò koinoû von gasai(·)ands im 1. Teil)
(finit:) er verdeutlichte ihm als einem derzeit Unkundigen, wobei er sprach ...
Cf. DIETRICH:
 Aber der Heiland, da er den zukünftigen Ruhm desselben schaute,
 und dass er im Glauben wachsen werde,
 deutete es ihm als einem noch Unmündigen, indem er sagte ...
und BENNETT:
  But the saviour, perceiving his future discernment,
  and (perceiving) that he was to thrive in faith,
  explained to him as to one who was then ignorant, saying ...

3,5 respondit Iesus amen amen dico tibi
3,5 Jesus sagte: "Ich betone [dir] ausdrücklich:
                                                                             nisi quis renatus fuerit ex aqua et Spiritu non potest introire in regnum Dei
     Nur wer aus Wasser und Geist geboren wird, hat überhaupt die Möglichkeit, ins Himmelreich zu gelangen."

Eine theologisch fundierte Übersetzung der Passage c 8 –d 25 liefert SCHÄFERDIEK (1981:180f. [überarbeitet]):
Der Heiland aber, als er seine zukünftige Einsicht sah und, daß er im Glauben wachsen werde, erklärte ihm als einem noch Unwissenden: "Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, wenn einer nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen." Es war nämlich erforderlich und der Natur gemäß, die heilsplanmäßige Verfaßtheit (= Ökonomie) der Taufe IId vom Menschen herzunehmen, der aus unterschiedlichen Naturen besteht, nämlich aus Seele und Leib, von denen die eine sichtbar, die andere aber geisthaft ist. Daher nannte er angemessenerweise im Anschluß daran auch zwei Dinge, Spezifika für beide, für die heilsplanmäßige Verfaßtheit der Taufe, das sichtbare Wasser und den intelligiblen (= logoshaften) Geist, damit das Sichtbare ...
    andaþahtan ahman (II d 22f) = logikòn pneûma.
Die Wiedergabe von andaþahtan mit vorgestellten (DIETRICH) oder envisioned (BENNETT) ist unmöglich;
der Geist existiert für den Kommentator nicht nur in der Vorstellung, sondern als reale Größe.
Unmöglich ist aber auch surnaturel / sopranaturale (MOSSÉ / del PEZZO); denn die Vorstellung der Übernatur ist der alten Kirche unbekannt, sie begegnet erst in der abendländischen Scholastik des Mittelalters.
Richtig schon MASZMANN mit rationabilem. (soweit SCHÄFERDIEK)



IIIa
3,22 Danach ging Jesus mit seinen Jüngern in das Gebiet von Judäa. Dort verbrachte er einige Zeit mit ihnen und taufte.
3,23 Erat autem et Iohannes baptizans in Aenon iuxta Salim     quia aquae multae erant illic
3,23 Auch Johannes taufte in Änon, nicht weit von Salim, denn dort gab es reichlich Wasser.

                        et adveniebant                    et baptizabantur
       Immer noch kamen Leute zu ihm, und er taufte sie;

HEMPEL (1966:153ff.): " ... [Wasser] war (Pl.) viel dort; und dahin kamen sie und wurden getauft.
Denn Johannes war noch nicht in den Kerker (Dat.!) gelegt".
Dieser Nachsatz ist wichtig für das Verständnis der Chronologie, cf. Mt 14,3 & Lk 3,20.
3,24 nondum enim missus fuerat in carcerem Iohannes
3,24 denn er war zu jener Zeit noch nicht ins Gefängnis verlegt.
Und das nun sagend zeigte der Evangelist, daß der Plan betreffs seiner  nahe dem Ende war durch des Herodes Anschlag.
Aber vor dem, als beide tauften und jeder von beiden seine Taufe empfahl, wurden einige uneins untereinander, nicht wissend, welcher von beiden der Größere sein möchte.
Daher "ward da ein Zwist
IIIb                                 von den Jüngern des Johannes mit den Juden betreffs der Reinigung":
3,25 facta est ergo quaestio ex discipulis Iohannis cum Iudaeis de purificatione
Darob erhob sich unter den Johannesjüngern die [Streit-]Frage
[wtl.: es ward eine {Unter-}Suchung] mit den Juden über die Reinigung                                 =
Einmal stritten sich einige Jünger von Johannes mit anderen Juden darüber,
welche Taufe den höheren Rang habe.
Deswegen weil schon sowohl die Sitte der Reinigungen des Leibes geändert war, als auch die Reinheit vor Gott geboten war, - daß sie nicht mehr die jüdischen Besprengungen und täglichen Waschungen zu gebrauchen sich bemühten, sondern auf Johannes hörend [wären], den Vorläufer des Evangeliums - und es war da auch der Herr die geistliche Taufe empfehlend -
17-22: Auch der Herr riet zur geistlichen Taufe
 wörtlich unter Periphrase des Hyperbatons:
 [es] war aber auch [der] Herr die geistige Taufe empfehlend
infolgedessen wurde rechtmäßigerweise eine Untersuchung über die Läuterung erwogen
[oder auch: auf den Weg gebracht, angeregt].
somit wurde mit Recht die Streitfrage über die Reinigung angeregt.
Denn das Gesetz verordnete eine Reinigung für ein Vergehen der Absichtslosen:
IIIc die Asche eines außerhalb des Lagers verbrannten Kalbes, und danach daß man sie in reines Wasser werfe
und mit Ysop und roter Wolle überstreue, wie es ziemlich ist den ohne Vorsatz Handelnden (?).
Aber Johannes verkündete die Taufe der Buße und verhieß Ablaß der Vergehen den einfältig sich Bekehrenden;
aber zum Ablaß der Sünden durch den Herrn auch die Gabe des Heiligen Geistes,
ihnen auch gewährend, daß sie Söhne des [Gottes]reichs würden.
22-25: ... jah fragibands im þatei sunjus þiudangardjos wairþaina: (Optativ)
wobei er ihnen auch zugestand, daß sie Söhne des Himmelreiches werden
3. Pl. Präs. Optativ wairþaina: Der Modus als solcher bleibt hier unübersetzt, da er nur die Oratio obliqua anzeigt.
cf. dagegen DIETRICH: ... indem er (noch dazu) ihnen auch verlieh, dass sie Söhne des Himmelreiches würden.
            und BENNETT: ... granting them also that they should become children of the kingdom.
So daß die Taufe des Johannes in der Mitte beider liegt, übertreffend wahrlich die Reinigung des Gesetzes,
doch um Vieles geringer als die Taufe des Evangeliums.
Und deswegen lehrt er uns klar, sprechend:
"Aber ich taufe euch in Wasser, doch der nach mir Kommende ist stärker als ich,
dessen ich nicht wert bin niederkniend den Riemen seines Schuhs aufzubinden;
der aber wird euch taufen im heiligen Geist."

15-17: sa afar mis gagganda. swinþoza mis ist        cf. Mt 3,11b:  qui autem post me venturus est[!] fortior me est
Befremdlich ist an dieser Stelle die Interpunktion unmittelbar hinter dem Subjekt. Aus meiner Sicht liegt der Übersetzung tatsächlich ein völlig anderes Verständnis zugrunde, und zwar in der gesamten wörtlichen Rede des Täufers Johannes:
Aþþan ik in watin izwis daupja:                    =        Doch ich taufe euch im Wasser.
sa afar mis gagganda                              =        Aber jener kommt nach mir:
swinþoza mis ist                                           =        Stärker als ich ist [derjenige,]
þizei ik ni im wairþs anahne[i]wands: *         =     dessen ich  [selbst] bückend nicht wert bin.
andbindau skaudaraip skohis is:                   =        Ich würde die Gamasche seines Schuhs lösen.
sah þan izwis daupeiþ in ahmin weihamma:   =        Jener tauft euch dann in heiligem Wasser.

* Konjektur in anahneiwands nach Mk 1,7.



IVa  Jn 3,29c/30
hoc ergo gaudium meum impletum est.
"Dies erfüllt mich mit Freude.

illum oportet crescere me autem minui
Sein Einfluß soll [sc. fortan] wachsen, meiner hingegen schwinden."

Daher [sc. sagte er also] seinen Jüngern, die mit den Juden über die Reinigung diskutierten und zu ihm meinten:
     rabbi qui erat tecum trans Iordanen cui tu testimonium perhibuisti
 "Rabbi, der Mann, der dich am anderen Jordanufer aufsuchte und auf den du als Zeuge hingewiesen hast,

ecce hic baptizat et omnes veniunt ad eum. respondit Iohannes et dixit non potest homo accipere quicquam nisi fuerit ei datum de caelo
der tauft jetzt auch, und alle gehen zu ihm!" ...

HEMPEL (1966:156ff.): ...  weil sie noch nicht wußten das über den Heiland, deswegen belehrt er sie sprechend:
"jener muß wachsen, ich aber abnehmen."  Aber der Plan bezüglich seiner war nämlich für kurze Zeit brauchbar,
IVb und vorbereitend die Seelen der Getauften  übergab er sie der Verkündigung des Evangeliums:
doch die Lehre des Herrn anfangend von Judäa breitete sich auch aus über die ganze Welt, zu jedem sich verbreitend bisher und zunehmend, alle Menschen (G.) zur Erkenntnis Gottes ziehend,
15-21:  inuh þis jah skeirs wisandei mikilduþs fraujins wulþaus kannida qiþands: Sa iupaþro qimands ufaro allaim ist:
Da hinter dem Partizip ein Kolon steht und überdies eine Konjunktion ausbleibt:
Aufgrunddessen und weil die Größe des Herrn offensichtlich war, kündete er von der Herrlichkeit, indem er sagte:
"Der Herabkommende ist über allen" [sc. Dingen = 'über allem'].´   3,31b   qui de caelo venit supra omnes est
Man beachte besonders das unterschiedliche Verständnis des ersten Halbsatzes bei DIETRICH:
Deswegen that er auch deutlich bleibend die Grösse des Herrn der Herrlichkeit kund mit den Worten:
"Der von oben kommt, ist über allen".
und BENNETT:
And therefore, the greatness of the Lord´s glory being clear indeed,
he proclaimed the words "he who comes from above is above all".
Während DIETRICH also skeirs wisandei auf den Sprecher (also auf Jesus) bezieht, bringt BENNETT das Partizip in Beziehung zur mikilduþs Gottes. Zu DIETRICHs Fehlinterpretation mag beigetragen haben, daß in dem zugrundeliegenden (STREITBERG-)Text mikilduþ fälschlicherweise endungslos steht und somit als Akkusativ aufzufassen gewesen wäre.
Von beiden Übersetzungen wiederum unterscheidet sich meine eigene durch den partitiv aufgefaßten Genitiv wulþaus als Objekt zu kannjan statt als Attribut zu fraujins, das selbst schon ein Genitiv ist.
  b 22 - c 15 SCHÄFERDIEK
Nicht daß er grundlos kundgetan hätte, daß er von oben ist – vielmehr bezeichnete er auch die ebenso umfangreiche Größe seiner Macht, IVc indem er sagte, er (= Christus) sei himmlischer Herkunft und komme von oben, er selbst (= Johannes) aber sei irdischer Herkunft und rede von der Erde. Weil er von Natur ein Mensch war, der entweder ein Heiliger oder ein Prophet war und für die Gerechtigkeit zeugte, war er jedoch von der Erde und redete (zugleich) [jah = adversatives kai] aus geisthafter Natur: ...
Gotisch *waurdahs entspricht griechischem logikós und dürfte eine Lehnbildung sein. Die Übersetzungen sehen in us waurdahai wistai in der Regel einen weiteren Zug der Beschreibung des Täufers als irdisch. Das entspricht jedoch sicher nicht dem, was der Kommentator sagen will. Es geht ihm um eine Einschränkung des irdischen Wesens des Täufers, die gegeben ist, weil er nicht schlichtweg Mensch, sondern Heiliger oder Prophet ist. (soweit SCHÄFERDIEK).                                                                                             Gleiche Passage HEMPEL (1966:158):
Nicht daß er ihn als den höher Seienden ohne Grund verkündet hätte, sondern er zeigte auch die Größe seiner Macht als so groß auf  IVc und ihn himmelentstammt und von ober her gekommen nennend (statt: nannte er), aber sich als erdenentstammt und von der Erde her redend, deswegen weil er dem Wesen nach Mensch war: sei es, daß er ein Heiliger oder ein Prophet war und die Gerechtigkeit bezeugend, doch war er von der Erde und seiner natürlichen ( = menschlichen) Denkart nach redend. Aber der vom Himmel Gekommene, wenn er auch im Fleische zu sein schien, doch ist er über allen, "und was er sah und hörte, das bezeugt er, und sein Zeugnis nimmt niemand auf".
PETERSEN: Und das[, was] er [sc. dort {= im Himmel}] gesehen und gehört hat, das kann er eidesstattlich versichern; doch keiner akzeptiert seinen Stellvertreterstatus (eigentlich Parallelismus von *zeug-n-):
IVc 20-24: jah  þatei gasa(·) jag gahausida  þata weitwodeiþ :   jah þo  weitwodida  is     ni ainshun nimiþ:
Jn 3,32:       et  quod    vidit    et     audivit   hoc  testatur           et        testimonium eius  nemo     accipit
                 kaì  hò heó:raken kaì é:kousen   toûto martyreî,       kaì tè:n martyrían autoû  oudeìs lambánei
IVd HEMPEL (1966:158f.):Und wenn er auch vom Himmel auf die Erde wegen des Planes bezüglich der Menschen kam, gleichwohl war er nicht desto mehr irdisch noch von der Erde her redend, sondern himmlische Geheimnisse mitteilend, die er sah und hörte (Plq.) beim Vater. Dieses wurde nun aufgezeigt von Johannes nicht deswegen allein, damit er des Herrn Größe verkündete, sondern zu kennzeichnen und zu widerlegen den gottosen Streit des Sabellius und Markellus, die sich erkühnten, einen zu nennenVater und den Sohn. Aber der andere (oder: ein anderer) Priester(?) ...



Va ...

Vb
5,21 sicut enim Pater suscitat mortuos et vivificat sic et Filius quos vult vivificat
 Denn wie der Vater die Toten auferweckt und ihnen das Leben gibt, so gibt auch der Sohn das Leben, wem er will.

5,22 neque enim Pater iudicat quemquam sed iudicium omne dedit Filio
Auch seine ganze richterliche Macht hat der Vater dem Sohn übergeben;
er selbst spricht über niemanden das Urteil.

STUTZ (1966:65f.): "Nicht nämlich der Vater nicht richtet irgendeinen, sondern das Gericht alles übergab er dem Sohne."
Wenn (es) nun einer und derselbe wäre, gemäß des Sabellius Aussage, mit verschiedenen Namen bezeichnet,
wie (zu) richten und nicht (zu) richten
Vc dieser selbe vermöchte? Nicht nämlich nur der Namen Abwandlung zweier Personen Unterschied bezeichnet, sondern viel mehr des Wirkens Anzeichen : Den-einen-von-beiden nämlich niemanden richtend, sondern verleihend dem Sohne des Gerichtes Vollmacht. Und dieser empfangend vom Vater diese Ehre und alles Gericht nach jenes Willen vollziehend, "damit alle ehren den Sohn so wie sie ehren den Vater."
Sollen nun alle wir bei derartiger und so deutlicher Aussage Gott dem Ungeborenen erstatten die Ehre
Vd und dem eingeborenen Sohne Gottes Gott-zu-sein zuerkennen. Darum (wollen wir als) Glaubende die Ehre nun jedem-von-beiden erweisen nach Würdigkeit, denn das Gesagte - "daß alle ehren den Sohn so, wie sie ehren den Vater" - nicht gleiche  sondern ähnliche Ehre (zu) erweisen uns lehrt. Und (er) selbst der Erlöser für die Jünger betend zum Vater sprach: "daß du sie liebst, so wie du liebst mich." Nicht ebensolche Liebe, sondern ähnliche bezeichnet er.
STUTZ kommentiert (1966:67): Die Textprobe soll vor allem zeigen: ...
Das Textstück enthält dogmatische Terminologie, nämlich die Begriffe der Gleichheit und Ähnlichkeit, die einander konfrontiert werden.
galeiks ,"ähnlich" übersetzt in der Bibel 'hómoios', ibna "gleich" übersetzt dort 'ísos'; während ibnaleiks ,"gleichgestaltig, gleichartig" dort nicht vorkommt und hier offenbar 'homooúsios' vertritt. Nur der >Skeireins< gehört auch die Vokabel anþarleikei ,"Andersartigkeit" an, ebenso das in der Trinitätslehre so wichtige Partizip unbaurans ,"ungeboren".
Aus dem Johannesevangelium stammt ainabaur = monogenés = unigenitus,  ist dort aber, da die betreffenden Stellen im C. A. fehlen, nicht überliefert.   Sabellius ist einer der beiden Theologen, die polemisch erwähnt werden (gest. um 260), weil sie ainana anananþidedun qiþan attan jah sunu ,"sich erkühnten, einen zu nennen Vater und Sohn". (Neben Sabellius wird Marcellus von Ankyra erwähnt, 4. Jh.). Sabellius hatte die Einpersönlichkeit Gottes vertreten, das zitierte Textstück nimmt Bezug auf seine Auffassung, daß Gott ein Wesen unter verschiedenen Namen sei.
5,23 ut omnes honorificent Filium sicut honorificant Patrem
5,23 Denn alle sollen den Sohn ebenso ehren wie den Vater.

        qui non honorificat Filium non honorificat Patrem qui misit illum
        Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat.

24) Amen, ich versichere euch: Alle, die auf mein Wort hören und dem glauben, der mich gesandt hat, haben das ewige Leben.
Sie kommen nicht mehr vor Gottes Gericht; sie haben den Tod schon hinter sich gelassen
und das unvergängliche Leben erreicht.
25) Amen, ich versichere euch: Die Stunde kommt - ja, sie ist schon da -, daß die Toten die Stimme des Gottessohnes hören werden; und wer sie hört, wird leben.
26) Wie der Vater der Geber des Lebens ist, so hat er auch dem Sohn Macht verliehen, Leben zu geben.
27) Und er hat dem Sohn die Macht verliehen, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.
28) Wundert euch  nicht darüber! Die Stunde kommt, da werden alle Toten in den Gräbern seine Stimme hören
29) und ihre Gräber verlassen. Alle, die Gutes getan haben, werden auferstehen, um das Leben zu empfangen;
und die Böses getan haben, um verurteilt zu werden.
30) Eigenmächtig kann ich nichts tun, sondern ich entscheide als Vermittler so, wie ich den Vater entscheiden höre. Mein Urteil ist angemessen; und ich setze nicht meinen eigenen Willen durch, sondern den Beschluß dessen, der mich geschickt hat.«
31) »Wenn ich für mich selbst als Zeuge auftreten wollte, hätte meine Aussage keine Beweiskraft.
32) Es gibt einen anderen Zeugen, der für mich aussagt; und ich weiß, daß er die Wahrheit über mich sagt.
33) Ich meine damit nicht Johannes. Ihr habt Boten zu ihm geschickt, und er ist als Zeuge für die Wahrheit eingetreten.
34) Ich brauche aber keinen Menschen als Zeugen; auf Johannes verweise ich nur, weil ich möchte, daß ihr gerettet werdet.



VIa
5,35 ille erat lucerna ardens et lucens              vos autem voluistis exultare ad horam in luce eius
5,35 Johannes war wie ein scheinendes Licht; ihr aber wolltet nichts weiter als eine Zeitlang in seinem Licht eure Freude haben.

VIb
5,36 ego autem habeo testimonium maius Iohanne opera enim quae dedit mihi Pater ut perficiam ea ipsa opera
5,36 Ich habe den Beweis auf meiner Seite, der die Aussage von Johannes weit übertrifft, [nämlich] die Taten meines Vaters,

    quae ego facio testimonium                         perhibent de me                           quia Pater me misit
    die ich in seinem Auftrag vollenden soll. Sie sprechen für mich und bestätigen, daß mein Vater mich geschickt hat.

14-16: iþ attins þairh meina waurstwa weitwodei: ...
  Doch durch meine Taten (kann) das Zeugnis des Vaters
  euch ein unanfechtbares Wissen vermitteln
Man beachte die unterschiedliche Gewichtung
bei DIETRICH: Aber des Vaters Zeugnis, durch meine Werke ganz erhaben über die Predigt der Menschlichkeit des Johannes,        vermag euch eine unbestreitbare Kenntnis zu gewähren.
und BENNETT: But through My deeds the testimony of the Father, beyond all the human argument of John,
                        can provide you with indisputable knowledge ...
VIc
5,37 et qui misit me Pater ipse testimonium perhibuit de me
5,37 Der Vater selbst, der mich geschickt hat, hat mich mit diesen Taten legitimiert.

    neque vocem eius umquam audistis neque speciem eius vidistis
    Ihr habt seine Stimme niemals gehört und seine Gestalt nie gesehen.

VId 4-12 = Jn 5,37b/38
        nih stibna is (·)anhun gahausideduþ        nih siun is gase(·)uþ.
"Weder habt ihr seine Stimme jemals gehört, noch habt ihr seine Gestalt gesehen.

jah     waurd is ni habaiþ wisando       in izwis: þande þanei insandida jains.      þammuh jus ni galaubeiþ:
Und ihr habt sein Wort nicht bleibend in euch, denn welchen jener gesandt hat, dem glaubt ihr nicht."

5,38 et verbum eius non habetis in vobis manens
5,38 Auch sein Wort [sc. in den Heiligen Schriften {= des AT}] nützt euch nichts mehr,

    quia quem misit ille huic vos non creditis
    weil ihr demjenigen, den er geschickt hat, kein Vertrauen entgegenbringt.



VIIa 8-12  = Jn 6,9a
Ist magula ains her saei habaiþ .e. hlaibans barizeinans: jah twans fiskans:
"Hier ist ein Junge, der hat   5    Gersten-Brote    und zwei Fische."
est puer unus hic    qui habet quinque panes hordiacios   et  duos   pisces

21-23 = Jn 6,9       akei þata (·)a ist du swa managaim:
                              Aber was hilft das bei so vielen Leuten?
                      sed haec quid sunt inter tantos
=  "Aber was ist das [schon im Vergleich] zu so vielen?"
Zur Übersetzung der Präposition cf. DIETRICH:
  "Doch was ist das bei so vielen?"
und BENNETT:
  "But what is that for so many?"
(Die gotische Wortfolge erweckt den Anschein, als sei akei þata* eine Art Casus pendens ;
man sollte erwarten *akei (·)a ist þata du managaim)

VIIb
6,10 dixit ergo Iesus facite homines discumbere erat autem faenum multum in loco
6,10 "Sorgt dafür, daß die Leute sich hinsetzen", sagte Jesus; denn dort wuchs viel Gras.

    discubuerunt ergo viri numero quasi quinque milia
    Also ließen sie sich nieder; allein an Männern waren es ungefähr 5000.

6,11 accepit ergo panes Iesus et cum gratias egisset distribuit discumbentibus
6,11 Jesus nahm die Brote, sprach dafür das Dankgebet und verteilte sie an die Menge.

        similiter et ex piscibus quantum volebant
        Mit den Fischen machte er dasselbe, und alle hatten üppig zu essen.

VIIc 2-7, eine freie Wiedergabe von Jn 6,13 und Lk 9,17:
afar þatei matida so managei             bigitan was þizei hlaibe :ib: tainjons fullos þatei aflifnoda:
Nachdem die Menge gegessen hatte, wurden dieser Brote 12 Körbe voll [mit dem,] was übriggeblieben war, gefunden.
Man vergleiche übrigens den unterschiedlichen syntaktischen Bezug von fulls bei DIETRICH:
Nachdem die Menge gegessen hatte, wurden von den Broten zwölf volle Körbe gefunden an dem, was übrig geblieben war.
Und BENNETT: After the multitude had eaten, there were found twelve baskets full of the loaves that had been left over.
tainjo (Weidenkorb = kóphinos = cophinus = zeinna = teinur) zu tains (Zweig, dies zu zwei, also Gegabeltes)
von den Juden zum Warmhalten der Speisen verwendet, später dann auch ein dem Inhalt entsprechendes Mengenmaß von etwa 7½ Litern. Die Hinterlassenschaft beträgt also circa 90 Liter.

VIId 4-10:
6,12 ut autem impleti sunt dixit discipulis suis colligite quae superaverunt fragmenta ne pereant
6,12 Als sie satt waren, sagte er zu seinen Jüngern: "Sammelt die Brotreste auf, damit nichts vergeudet wird!"

6,13 collegerunt ergo et impleverunt duodecim cofinos fragmentorum
6,13 Sie kamen der Aufforderung nach und füllten 12 Körbe mit den Resten;

        ex quinque panibus hordiaciis quae superfuerunt his qui manducaverunt
        denn so viel war von den 5 Gerstenbroten übriggeblieben.

jah anþarans gamaudida gaumjan                 þatei is was sa sama              saei in auþidai      .m. jere attans ize fodida:
und die anderen mahnte er zu beachten, daß er derselbe wäre, welcher in der Ödnis 40 Jahre ihre Väter speiste.

16-17 ist überdies abhängig von der Konjunktion: (= Jn 6,12b)
  galisiþ þos aflifnandeins drausnos                     ei waihtai ni fraqistnai:
"Sammelt die verbliebenen Krümel [auf, auf] daß nichts verdirbt [oder: vergeudet wird]!"



VIIIJn 7,44:  ... ainshun uslagida ana ina handuns:
                                nemo misit super illum manus
                           niemand legte Hand an ihn =  keiner wagte ihn anzufassen

11-15: Galiþun þan þai andbahtos du þaim auhumistam gudjam jah fareisaium:
7,45a  Venerunt ergo ministri ad pontifices et Pharisaeos
    [Es] kamen also die Beamten zu den Hohepriestern und Pharisäern.

17-18: du(·)e  ni    attauhuþ   ina:
7,45b  quare  non adduxistis eum
 "Warum habt ihr ihn nicht hergeschleppt?"

Ein merkwürdiger Fall liegt vor in VIIIa,19-25 (= Jn 7,46) wo Interpunktion und Modus widersprüchliche Hinweise auf das Satzverständnis liefern: Das Kolon hinter qiþandans (oder besser: vor þatei) deutet auf indirekte, der Indikativ rodida hingegen auf direkte Rede: Andhofun þan þai andbahtos qiþandans: þatei ni (·)anhun aiw rodida manna swaswe sa manna:
 (unter Berücksichtigung der Interpunktion:)
    Es hoben dann die Beamten an und sagten,
    daß zu keiner Zeit ein Mann geredet hatte wie dieser.
 (unter Berücksichtigung des Modus:)
    Es hoben dann die Beamten an und sagten dies:
    "Zu keiner Zeit hat ein Mann so geredet wie dieser".

     responderunt ministri
     numquam sic locutus est homo sicut hic homo

VIIIb 25-c,5: ibai jah jus afairzidai siuþ:
sai jau ainshun þize reike galaubidedi imma aiþþau þize fareisaie:
"Seid etwa auch ihr irregeführt? Seht, ob [auch nur] einer jener Herrscher ihm geglaubt hat oder [einer] jener Pharisäer!"
7,47 responderunt ergo eis Pharisaei numquid et vos seducti estis
Zumeist wird galaubjan in christlichem Kontext gesehen, cf. DIETRICH:
"Seid denn auch ihr verführt? Seht, ob einer der Obersten an ihn geglaubt hat, oder einer der Pharisäer."
oder BENNETT:
"Are you also seduced? Behold, has anyone of those rulers or of the Pharisees believed in him?"
7,47 "Ihr habt euch also auch von ihm täuschen lassen!" sagten die Pharisäer.
7,48 "Gibt es denn unter den Mitgliedern des Rates oder den Pharisäern einen einzigen, der seinen Anspruch ernst nimmt?

VIIIc 2-5: sai  jau ainshun þize reike galaubide di imma. aiþþau þize fareisaie:
  "Seht, ob [etwa] einer jener Herrscher an ihn geglaubt hat - oder [einer] jener Pharisäer."
cf. Jn 7,48: numquid aliquis ex principibus credidit in eum aut ex Pharisaeis

22-25:             jah qiþandin im:  [-]             Ibai witoþ unsar stojiþ mannan.
(finit:)                 ... und ihnen gesagt hatte,     ob etwa unser Gesetz einen Menschen richtet     (verbatim)
cf. DIETRICH:  ... und zu ihnen gesprochen hatte: "Richtet denn unser Gesetz einen Menschen"
und BENNETT: ... and said to them:                     "Does our law judge a man?"
(siehe auch b,22 - c,1 und d,21-24)
7,49 sed turba haec quae non novit legem maledicti sunt
7,49 Die Menge tut es. Sie kennt Gottes Gesetz nicht und steht deshalb unter seinem Fluch."

7,50 dicit Nicodemus ad eos ille qui venit ad eum nocte qui unus erat ex ipsis
7,50 Da sagte Nikodemus, der selbst Pharisäer und Ratsmitglied war und der Jesus früher einmal aufgesucht hatte:

7,51 numquid lex nostra iudicat hominem nisi audierit ab ipso ...
7,51 "Ist es nach unserem Gesetz möglich, einen Menschen zu verurteilen, ohne daß wir ihn verhört haben?

 prius et cognoverit quid faciat
Erst muß doch festgestellt werden, ob er sich strafbar gemacht hat."

VIIId 1-5: At jainaim qiþandam þatei ni ainshun þize reike jah fareisaiei galaubida:
Der Indikativ galaubida weist auf Oratio recta, dem Dativus absolutus (jainaim qiþandam) entspricht für gewöhnlich der Genitivus absolutus im Griechischen, also mit DIETRICH:
               obwohl jene sagten: "Nicht einer der Obersten und Pharisäer hat geglaubt", ...
und BENNETT:     When they said   "Not one of the rulers and Pharisees has believed"...

22-24: iba jah þu us galeilaia is.
  "Bist etwa auch du aus Galiläa?"
7,52 responderunt et dixerunt ei numquid et tu Galilaeus es = ... ob auch du ein Galiläer bist
7,52 "Du kommst anscheinend auch aus Galiläa", erwiderten sie.

        scrutare                                                     et vide                   quia propheta a Galilaea non surgit
        "Lies [sc. die Heiligen Schriften] genauer, dann wirst du sehen, daß der erwartete Prophet nicht aus Galiläa kommt."

7,53 et reversi sunt unusquisque in domum suam



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